Pflegevollversicherung zur Entlastung für Bürger*innen

29.01.2025

Ein aktuelles Gutachten des Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Heinz Rothgang von der Universität Bremen belegt: Eine Bürgerversicherung in der Pflege kann eine notwendige Ausweitung der Pflegeleistungen hin zu einer vollständigen Übernahme aller pflegebedingten Kosten finanzieren. „Das Gutachten zeigt deutlich, in welche Richtung die Finanzierung der Pflege gehen muss, damit sie auch in Zukunft gesichert und bezahlbar ist“, bewertet Margit Berndl, Vorständin des Paritätischen in Bayern, die Ergebnisse.

Die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform sei überfällig. „Das Pflegesystem ist schon längst an seine Grenzen gestoßen, während die Zahl der Pflegebedürftigen in den nächsten Jahren immer weiter steigen wird. Es kann nicht sein, dass Pflegebedürftige und deren Angehörige die notwendigerweise angepassten Personal-, aber auch gestiegene Betriebskosten kompensieren müssen. Eine Bürgerversicherung bietet die große Chance, damit Pflege nicht zur Armutsfalle für bayerische Bürgerinnen und Bürgern wird. Wir erwarten hier eine zügige Entscheidung auf Bundesebene, führt Berndl aus.

Das Gutachten beleuchtet die finanziellen Auswirkungen eines Umbaus der Pflegeversicherung hin zu einer Vollversicherung in Form einer Bürgerversicherung. Die Mehrausgaben könnten nahezu ausgeglichen werden. Kostensenkend wirkt sich dabei aus, dass privat Versicherte und weitere Einkommen einbezogen sowie die Beitragsbemessungsgrenze angehoben werden würde. „Unser Gutachten zeigt, dass eine Vollversicherung - auch langfristig - im Rahmen der Sozialversicherung finanzierbar ist, ohne den Beitragssatz wesentlich erhöhen zu müssen, wenn die Pflegeversicherung gleichzeitig zu einer Bürgerversicherung weiterentwickelt wird, in die alle einzahlen und in der alle Einkommensarten beitragspflichtig sind“, führt Prof. Rothgang aus.

Kostensituation in Bayern

Konkret hieße das für Versicherte mit einem Einkommen bis zur derzeitigen Beitragsbemessungsgrenze monatliche Mehrkosten von weniger als 5 Euro. Dem stünde die vollständige Übernahme der pflegebedingten Kosten im Pflegefall gegenüber. Derzeit müssen Pflegebedürftige in Bayern im ersten Jahr ihres Aufenthaltes in einem Pflegeheim durchschnittlich rund 2970 Euro pro Monat selbst aufbringen. Davon entfallen allein auf die pflegerische Versorgung rund 1800 Euro, der Rest setzt sich zusammen aus Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten. Mehr als ein Drittel aller Pflegebedürftigen in Heimen ist auf Sozialhilfe angewiesen, Tendenz steigend.

Anders als in der stationären Pflege sind die höheren Eigenanteile in der häuslichen Pflege nicht direkt zu beziffern. Wenngleich die Kosten für die häusliche Pflegeversorgung im Januar 2025 in Bayern um bis zu 30 Prozent gestiegen sind, führt dies nicht zwingend zu erhöhten Eigenanteilen. Vielmehr reagieren Pflegebedürftige und ihre Angehörigen mit einer rückläufigen Inanspruchnahme der ambulanten Pflegeleistungen.

Pflegebedürftige sind besonders stark von Armut bedroht, denn sie können mit ihren durchschnittlichen Alterseinkünften die finanzielle Belastung der Pflegekosten nicht schultern. Die Pflegeversicherung wurde 1994 als ein Teilleistungssystem als fünfte Säule der Sozialversicherung geschaffen und unterscheidet sich damit von der Krankenversicherung.

Weiterführende Informationen

In Auftrag gegeben wurde das Gutachten vom Bündnis für eine solidarische Pflegevollversicherung. Dem Bündnis gehören an: Der Paritätischer Gesamtverband, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), der Sozialverband Deutschland (SoVD), der Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen (BKSB), der Deutsche Frauenrat, der BIVA-Pflegeschutzbund, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Volkssolidarität, die Arbeiterwohlfahrt AWO und die IG Metall. Vor dem Hintergrund der enormen und weiter steigenden finanziellen Belastungen Pflegebedürftiger setzt sich das Bündnis für eine Reform der Pflegeversicherung ein. Das Gutachten sowie weitere Informationen zu den Forderungen des Bündnisses sind hier abrufbar: www.solidarische-pflegevollversicherung.de

Ansprechpartnerin für die Presse:
Gabriele Dorby | 089 30611-245 | presse(at)paritaet-bayern.de

 

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