Sozialökologische Transformation

Der Klimawandel bedroht unser aller Lebensgrundlage: Er zerstört das Leben und die Existenzen von Menschen in Deutschland und weltweit. Menschen, die bereits benachteiligt sind, treffen die Folgen des Klimawandels besonders hart. Die sozialökologische Transformation ist deshalb eine der drängendsten Zukunftsaufgaben.

Wir fordern eine umfassende sozialökologische Wende, die konsequenten Klimaschutz mit sozialem Ausgleich verbindet, die alle mitnimmt und niemanden zurücklässt. Diese Wende erfordert umfangreiche Maßnahmen in einer ganzen Fülle von Bereichen, vom Wohnen über Mobilität und Infrastruktur bis zur Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Gemeinsam mit dem BUND Naturschutz in Bayern e.V. setzen wir uns dafür ein, dass das Thema Klimaschutz und die sozialen Folgen des Klimawandels sowie -schutzes auch in der bayerischen Politik stärker berücksichtigt werden.

Gleichzeitig sehen wir es als unsere Aufgabe, ökologisch nachhaltiges Verhalten bei uns selbst und unseren Mitgliedern zu fördern. Deshalb beteiligen wir uns mit sechs Mitgliedsorganisationen am Projekt des Paritätischen Gesamtverbands  "Klimaschutz in der Sozialen Arbeit stärken". Darüber hinaus haben wir 2023 das Projekt "Alle mitnehmen und niemanden zurücklassen - den ökologischen Wandel sozial gerecht gestalten und den Klimaschutz in der Sozialen Arbeit fördern" gestartet.

Alle mitnehmen und niemanden zurücklassen

Der Klimawandel betrifft viele Bereiche, in denen der Paritätische und seine Mitglieder aktiv sind. Deshalb haben wir 2023 das Projekt "Alle mitnehmen und niemanden zurücklassen - den ökologischen Wandel sozial gerecht gestalten und den Klimaschutz in der Sozialen Arbeit fördern" gestartet.

 

Zum Projekt "Alle mitnehmen und niemanden zurücklassen"

Der Paritätische versteht es als seine Aufgabe, eine sozialökologische Klimapolitik zu fordern und ökologisch nachhaltiges Verhalten bei sich und seinen Mitgliedsorganisationen zu fördern.

Durch den Klimawandel nehmen Hitzewellen zu. Für vulnerable Personengruppen und Mitarbeitende müssen deshalb Hitzeschutzstrategien und -maßnahmen erarbeitet werden.

Der Paritätische unterstützt seine Mitglieder aktiv dabei, sich auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten und notwendige Klimaanpassungen in ihren Einrichtungen umzusetzen.

Forderungen und Positionen

Ökologische Krisen: Was auf dem Spiel steht

Die ökologischen Krisen unserer Zeit stellen die Zukunft der menschlichen Zivilisation in Frage. Mit dem Anstieg von Treibhausgasen in der Atmosphäre mehren sich extreme Wetterereignisse, steigen die Meeresspiegel, nehmen Dürren und Hochwasser zu. Mit der Häufung solcher Ereignisse wird die Sicherheit der Ernährungsversorgung bedroht, treten vermehrt gesundheitliche Probleme auf, kommt es zu Flucht, zu Kriegen und wirtschaftlichen Verwerfungen. Doch nicht nur der Klimawandel ist eine Gefahr. Das Artensterben bedroht den Erhalt und das Fortbestehen von ökologischen Systemen, die Grundlage unserer Zivilisation sind. Auch hier steht, durch den Verlust von Pflanzen- und Tierarten, die Ernährungssicherheit in Frage. Der Verlust von Lebensräumen für Tiere erhöht das Risiko, dass sich auf den Menschen neue und gefährliche Krankheitserreger übertragen. Schließlich führt der Verlust biologischer Vielfalt dazu, dass ökologische Dienstleistungen der Natur wie die Säuberung von Luft und Wasser oder die Herstellung eines gesunden Bodens verloren gehen. Auch in anderen Bereichen sorgt das Leben und Wirtschaften der Menschheit dafür, dass die Belastungsgrenzen des Planeten bereits überschritten sind: Nährstoffe wie Stickstoff oder Phosphor sind vor allem durch die Landwirtschaft aus der Balance geraten, Plastik und Farbstoffe verschmutzen die Umwelt und die Abholzung und Landnutzung verstärken Prozesse des Klimawandels und des Artensterbens. Diese ökologischen Krisen haben soziale Konsequenzen, sie führen unweigerlich zu sozialen Krisen: zu steigenden Preisen für Grundgüter, zum Verlust öffentlicher Räume, zum Wohnungsverlust, zu neuen Krankheiten, nicht zuletzt zu gesellschaftlichen Spannungen bis hin zu gewaltvollen Konflikten. In diesem Sinne ist wirksamer Klimaschutz auch präventive Sozialpolitik. Er beugt den sozialen Problemen von morgen vor und ist ein entscheidender Faktor für die zukünftigen Lebensbedingungen, insbesondere für die Armen und Vulnerablen. Tatsächlich hängen auch die Ursachen der sozialen und ökologischen Krisen unserer Zeit direkt zusammen – und müssen daher auch zusammen gelöst werden. Steigende Ungleichheiten und Umweltzerstörung sind das Ergebnis eines dysfunktionalen Wirtschaftssystems. Sie sind kein Fehler im System, sondern Teil des Systems selbst. Es braucht daher einen umfassenden Wandel hin zu einem neuen ökosozialen Arrangement des Lebens, Arbeitens und Wirtschaftens.

Ein Wirtschaftssystem, das ökologische und soziale Krisen produziert

Unsere heutige Art zu leben und zu arbeiten, ist nicht mit einer lebenswerten Zukunft kompatibel. Wir heizen als Gesellschaft die Klimaerwärmung an, indem wir Kohle, Öl und Gas in nahezu allen Bereichen unseres Lebens verbrennen, in der Industrieproduktion, in der Herstellung von Strom, im Bau, beim Heizen, im Verkehr und in vielen anderen Bereichen. Wir zerstören, verkleinern oder fragmentieren die Lebensräume von Pflanzen und Tieren. Wir verschmutzen die Luft, das Wasser und die Böden durch den Gebrauch von Chemikalien. Und all dies tun wir in einem Ausmaß, dass sich die natürlichen Ressourcen nicht mehr regenerieren können. Zugleich erleben wir weltweit, aber auch innerhalb von Staaten, einen starken Anstieg der Ungleichheit von Einkommen und Vermögen. Kurz gesagt: Unsere heutige Art zu leben und zu arbeiten basiert auf einem ökonomischen Modell, das Ungleichheit produziert und zugleich daran scheitert, innerhalb der ökologischen Grenzen des Planeten zu wirtschaften.

Das Versprechen der vergangenen Jahrzehnte war es, der ökonomische Imperativ der Produktivitätssteigerung und des Wachstums würde ergänzt durch einen sozialen Imperativ der sozialen Sicherheit und des sozialen Aufstiegs. So sollte wirtschaftliches Wachstum Wohlstand für alle schaffen und gesellschaftliche Verteilungskonflikte vermeiden. Während dies auf den ersten Blick erfüllt scheinen mag – schließlich ist im globalen Norden der Wohlstand so stark gestiegen, dass materielle Bedürfnisse im Durchschnitt mehr als gedeckt sind – zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass das Versprechen des Wohlstands für alle eben nicht erfüllt ist. Durch Armut Ausgeschlossene und in ihren Teilhabechancen Benachteiligte ebenso wie Kinder, die in eine ökologisch und sozial unsichere Zukunft blicken, bezeugen diesen Umstand. Dabei war das Versprechen, aus den Verteilungskonflikten herauszuwachsen, von jeher ein “faules Versprechen”, weil es ab einem bestimmten Wohlstandsniveau ohnehin um relativen Wohlstand und um positionale Güter geht, also um den Vergleich mit anderen Mitgliedern der Gesellschaft. Der exzessive Glaube daran, dass Gesellschaften durch Wirtschaftswachstum gerechter werden, war seit jeher ein Aberglaube. Stattdessen gab es einen rasanten Anstieg des materiellen Wohlstands für einige auf Kosten der Umwelt, auf Kosten armer und benachteiligter Menschen hierzulande und vor allem auf Kosten von Menschen im globalen Süden, wo die Naturzerstörung durch die Lebens- und Produktionsweise im Norden bereits heute Millionen von Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat zwingt. 

Ungleichheit befeuert ökologische und soziale Krisen

Wir können uns diese massive Ungleichheit nicht mehr leisten, weder sozial noch ökologisch. Denn sie führt zu übermäßigem Reichtum und verfestigter Armut, zu Luxusemissionen und zum Raubbau an der Natur. Ihre Folge sind immense soziale Kosten durch den Anstieg von Armut, aber auch erhebliche ökologische Kosten, die durch den Statuskonsum reicher Menschen entstehen. Reiche stehen für die Eskalation der Klimakrise in besonderer Verantwortung. Allein das reichste Prozent der Welt hat seit 1990 mehr als doppelt so viel zum Anstieg der Treibhausgase beigetragen, wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Was weltweit gilt, gilt auch für Deutschland: Reiche und Superreiche befeuern die ökologischen Krisen, während die Armen und Vulnerablen am stärksten unter ihren Folgen leiden. Es trifft Menschen im globalen Süden, deren Lebensgrundlagen bereits heute von Ernteausfällen, Dürren oder Überschwemmungen akut bedroht sind und die wegen klimatischer Veränderungen ihre Heimat verlassen müssen. Es trifft alte Menschen, unter denen die Hitzewellen der vergangenen Jahre zu vermehrten Todesfällen geführt haben. Es trifft chronisch kranke Menschen, die von neuen Krankheitserregern besonders bedroht sind. Und es trifft Kinder und Jugendliche, deren Aussicht auf eine friedliche Zukunft in Wohlstand und in stabilen politischen Verhältnissen in Frage steht.

Zwar ist der sozial-ökologische Umbau eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, weil nahezu alle Lebensbereiche von der Verbrennung fossiler Brennstoffe abhängig sind. Es ist aber auch ein Umbau, der auf vielen Ebenen einen unbekannt großen und tiefgreifenden Wandel erfordert: technisch, kulturell und infrastrukturell. Der Zustand der Umwelt ist damit selbstredend eine gesamtgesellschaftliche Krise. Im Kern jedoch sind die ökologischen Krisen ein Produkt und ein Problem der sozialen Ungleichheit. Wir werden diese Krisen gesellschaftlich nur lösen können, wenn wir Armut beseitigen und materielle Ungleichheiten massiv verringern.

Ökologische und soziale Anliegen verbinden

In der Verbindung sozialer und ökologischer Anliegen liegt eine große Chance. Wir denken dabei an eine zukunftsfähige und nachhaltige Gesellschaft, in der niemand in Armut leben muss und niemand zurückgelassen wird. An eine barrierefreie, saubere und möglichst kostenlos zugängliche Mobilität für alle, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. An Städte mit lebendiger Stadtnatur und kurzen Wegen zu allen Orten des Alltags. An einen ländlichen Raum mit lebendigen Dörfern und guter Anbindung per Schiene und gemeinsam genutzten individuellen Verkehrsmitteln. An die Stärke gemeinnützigen Handelns für das Lösen sozialer Probleme. An gutes und ökologisches Wohnen für alle und an gemeinwohlorientiert genutzte Böden. An eine Soziale Arbeit, die ausreichend Zeit für die Arbeit mit Kindern, Alten und Benachteiligten hat. An die Kraft der Zivilgesellschaft und des mitbürgerlichen Engagements für sozial-ökologische Lösungen. An eine Gesellschaft, die sich ihrer globalen ökologischen Verantwortung stellt und angesichts der ökologischen Schäden solidarisch mit den Menschen im globalen Süden ist. An eine inklusive Gesellschaft, die sich angesichts von Umweltkrisen  und -katastrophen um ihre besonders vulnerablen Mitglieder, wie zum Beispiel Menschen mit Behinderung, kümmert. An eine ausreichende Finanzierung des Gemeinwesens, für die der große Reichtum in diesem Land herangezogen wird. An eine saubere Energiegewinnung aus Wind und Sonne, von der alle profitieren. Und an einen Sozialstaat, der allen Sicherheit bietet und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Er ist der entscheidende Faktor für eine Gesellschaft, die gegen die zukünftigen Schocks und ökologischen Krisen widerstandsfähig ist.

Wir fordern:

  • eine Armuts- und Sozialpolitik, die Menschen in die Lage versetzt, dem notwendigen Wandel der kommenden Jahre ohne Existenzängste entgegen zu blicken. Dazu gehört die Erhöhung der Regelsätze auf ein armutsfestes Niveau und die vollständige Übernahme der Stromkosten in der Grundsicherung, die Einführung einer existenzsichernden Kindergrundsicherung und die Erhöhung des Mindestlohns auf einen Betrag, der bei Vollerwerbstätigkeit eine auskömmliche gesetzliche Rente im Alter sichert.
  • eine Steuerpolitik, die sehr hohe Einkommen, große Vermögen und Erbschaften stärker für die Finanzierung der großen sozial-ökologischen Investitionen heranzieht, die systematischen Steuerbetrug und Steuervermeidung bekämpft, eine Finanztransaktionssteuer einführt und die Übergewinne von Unternehmen, wie während der aktuellen Krise erlebt, abschöpft,
  • eine Wohnungspolitik, die das Ziel eines klimaneutralen und für alle leistbaren Wohnens bis 2045 entschieden umgesetzt hat, die bei Sanierungen dem Prinzip „worst-first“ folgt und beim Neubau klimagerechte und barrierefreie Sozialwohnungen priorisiert. Es braucht zudem eine neue Wohngemeinnützigkeit, mit welcher dauerhafte Bindungen geschaffen werden, so dass einmal geförderter Wohnraum erhalten bleibt sowie eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik, die die Grundlagen für ein gutes Wohnen für alle legt;
  • eine Verkehrspolitik, die ein bundesweites Finanzierungsprogramm für den ÖPNV sowie den Fuß- und Radverkehr aufsetzt, einen kostengünstigen öffentlichen Nahverkehr für alle und kostenlosen Zugang für Bezieher*innen existenzsichernder Leistungen sicherstellt, die Investitionen in den Schienenverkehr massiv erhöht und für die die Barrierefreiheit bei allen Verkehrsmitteln Priorität hat,
  • eine soziale Infrastrukturpolitik, die den Ausbau der regionalen Daseinsvorsorge voranbringt, um soziale Anlaufpunkte vor Ort zu stärken und damit kurze Wege und weniger Verkehr zu ermöglichen, 
  • eine Umwelt- und Klimapolitik, die den Ressourcenverbrauch in Deutschland deutlich reduziert und mit Instrumenten wie dem Klimageld mit Pro-Kopf-Rückverteilung für sozialen Ausgleich sorgt, 
  • eine Bildungspolitik, die Kenntnisse und Fähigkeiten für ein nachhaltiges Miteinander von Mensch und Umwelt vermittelt, die Resilienz, Selbstwirksamkeit und gesellschaftliche Partizipation für den Umgang mit den ökologischen und sozialen Krisen der Zukunft stärkt und die die Schul- und Jugendsozialarbeit, Sprachförderung und frühkindliche Bildung ausbaut,
  • eine Ernährungspolitik, die es angesichts der notwendigen Ernährungswende hin zu ökologisch nachhaltigem Anbau, mehr Tierwohl und weniger Fleisch allen Menschen ermöglicht, sich gesund und umweltfreundlich zu ernähren,
  • eine Migrations-, Asyl- und Außenpolitik, die sich für eine europäische Seenotrettung einsetzt und das Recht auf individuelles Asyl sicherstellt, die ihr Handeln am 1,5°-Ziel von Paris orientiert und die eine ökologisch und sozial verträgliche Handelspolitik verfolgt.

Soziale Organisationen im Zentrum der sozial-ökologischen Wende 

Gemeinnützige soziale Organisationen leben an vielen Orten bereits vor, wie eine sozial und ökologisch nachhaltige Gesellschaft aussehen kann. Sie organisieren Hilfe für sich selbst und andere, wo sie gebraucht wird. Sie engagieren sich in der Sozialen Arbeit, im Gesundheits- und Pflegebereich sowie in zahlreichen anderen Feldern und stellen dabei den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Ihr Handeln ist nicht von der Gewinnmaximierung motiviert, sondern von Werten wie Vielfalt, Offenheit und Toleranz. Ihr Ziel ist es, die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft zu ermöglichen und in sozialen Krisen zu helfen. Sie sind der Ort, an dem die Kraft von hunderttausenden freiwillig Engagierten sichtbar wird.

Gemeinnützige soziale Organisationen sind auch für den sozial-ökologischen Umbau zentral. Hier sind vulnerable Gruppen versammelt, die von den ökologischen Krisen besonders betroffen sind. Die Arbeit der Organisationen reicht in die ganze Fläche des Landes und in die Breite der Gesellschaft und kann damit unterschiedliche Gruppen für die Dringlichkeit des Umweltschutzes sensibilisieren. Viele Organisationen haben entscheidenden Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck von Klient*innen, zum Beispiel in Pflegeheimen, in der Kindertagesbetreuung oder in der Tagespflege. Schließlich sind sie als Organisationen mit dem betrieblichen Umweltschutz konfrontiert: bei der Art der Strom- und Wärmeversorgung, bei der Verpflegung von Kindern, Bewohner*innen oder Klient*innen, bei der Mobilität von ambulanten Diensten oder bei Dienstreisen, bei der Produktion in Werkstätten oder beim Umgang mit Abfällen. Die Reduktion der Treibhausgasemissionen in den Einrichtungen und Diensten der Freien Wohlfahrtspflege ist damit auch für die Erreichung der deutschen Klimaziele zentral.

Der Paritätische und seine Mitgliedsorganisationen sehen es als ihre Aufgabe, ihren Beitrag zu einer ökologisch nachhaltigen Gesellschaft zu leisten. Dazu gehört auch das Ziel der Klimaneutralität und der Beitrag zur Erreichung des 1,5°-Ziels von Paris. Vielerorts werden im Paritätischen bereits Wege zu einer ökologisch nachhaltigen Sozialen Arbeit erprobt und Maßnahmen umgesetzt. Der Paritätische bekennt sich dazu, diese Schritte zu mehr Umweltschutz im eigenen Handeln konsequent weiterzugehen und zu beschleunigen. Alleine die richtigen politischen Rahmenbedingungen können jedoch dafür sorgen, dass gemeinnützige soziale Organisationen ihr Potential im Umwelt- und Klimaschutz voll entfalten können. Hierbei gilt es die unterschiedlichen Finanzierungsgrundlagen zu beachten. Es braucht unbürokratische und zuverlässige Förderprogramme mit möglichst geringen Eigenanteilen. Vor allem aber muss die Refinanzierung von Ausgaben für den Umweltschutz, insbesondere für Investitionen in umweltschonendes Wirtschaften und in die Klimaanpassung, aber auch für ökologisch geschultes Personal, über die jeweilige Regelfinanzierung abgedeckt sein. Wir fordern von der Politik, dass sie soziale Einrichtungen zum Umwelt- und Klimaschutz befähigt. Als Paritäter*innen streiten wir gemeinsam und auf allen Ebenen – von den Kommunen über die Länder bis zum Bund – für zeitnahe, entschlossene und konsequente politische Weichenstellungen für eine ökologisch nachhaltige Soziale Arbeit und Gesellschaft.

Grundsatzposition Für eine sozial-ökologische Zukunft (PDF)

 

Präambel

Um den Klimawandel zu stoppen, bedarf es der Anstrengung der gesamten Gesellschaft. Jede*r Einzelne trägt Verantwortung für Klimaschutz. Die Politik muss dabei die Rahmenbedingungen setzen, die Organisationen, Unternehmen und Individuen den notwendigen Wandel ermöglichen. Es geht staatlicherseits um notwendige Steuerung, aber auch darum, allen Verbraucher*innen zu ermöglichen, ihrer individuellen Verantwortung nachzukommen und klimabewusst zu konsumieren.

Auch der Paritätische sieht es als seine Aufgabe, nachhaltiges Verhalten bei sich und seinen Mitgliedern zu fördern. Er ist aber auch in der Pflicht, auf Gerechtigkeit zu drängen, wenn es um Belastungen geht, die mit einer offensiven Klimaschutzpolitik verbunden sind, und darauf zu achten, dass niemand dabei an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wird.

Klimaschutz berührt eine ganze Reihe von Kernthemen des Paritätischen, von der Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe über das Wohnen bis hin zu Mobilität und Infrastruktur. Der Verband sieht sich daher aufgerufen, Stellung zu beziehen und im Zweifelsfall auch Partei zu ergreifen; seien es die Geschädigten klimapolitischer Unterlassungen weltweit oder die vielen Unterprivilegierten, die hierzulande darauf angewiesen sind, dass die notwendige ökologische Wende eine sozial-ökologische sein wird.

Einleitung

Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Würde. Dafür macht sich der Paritätische in Deutschland und auch in der internationalen Zusammenarbeit stark. Dabei rückt der Klimawandel als ein entscheidender Einflussfaktor auf die Lebensbedingungen der Menschen weltweit immer stärker in den Fokus. Denn die Folgen des Klimawandels sind mit existentiellen Verwerfungen verbunden. Die Ärmsten tragen die Hauptlast. Es ist davon auszugehen, dass bereits stattfindende Verteilungskonflikte um Böden, Wasser und Nahrung zunehmen werden. Um der Klimakrise entgegenzutreten, fordert der Paritätische einen gerechten und konsequenten Klimaschutz.

Klimagerechtigkeit schaffen

Die internationale Staatengemeinschaft hat sich mit der Verabschiedung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 vorgenommen, bis 2030 Armut zu halbieren und extreme Armut gänzlich zu beseitigen, soziale Ungleichheit abzubauen, den Hunger zu beenden und Ernährungssicherheit zu schaffen. Diese Ziele können nur dann erreicht werden, wenn erhebliche Anstrengungen auch im Bereich des Klimaschutzes unternommen werden.

Die heutigen Industrieländer sind auf Grund ihres historischen Beitrags zum Klimawandel in besonderem Maße gefordert, die im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarten Klimaschutzziele konsequent umzusetzen. Das ist eine Frage von Gerechtigkeit. Ferner müssen sie aufgrund ihrer hohen Emissionen sowie technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten weltweit eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einnehmen. Der globale Norden steht in der Verantwortung, die Länder des globalen Südens bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels sowohl technisch als auch finanziell zu unterstützen. Der Paritätische fordert, dass Deutschland seinen Beitrag in der bilateralen Klimafinanzierung sowie an multilateralen Mechanismen, insbesondere dem Grünen Klimafonds der Vereinten Nationen, verstetigt.

Gleichzeitig muss sich die Bundesregierung für mehr Unterstützung im Bereich der Klimarisikofinanzierung sowie der weltweiten Katastrophenvorsorge und -schutzmaßnahmen, z.B. im Rahmen der Humanitären Hilfe, einsetzen. Nur so können Menschen und Gemeinschaften in Risikogebieten für Naturkatastrophen besser auf die extremen Wetterereignisse vorbereitet, ihre Widerstandsfähigkeit gestärkt und ihr Schutz vor klimabedingten Verlusten und Schäden verbessert werden.

Im Sinne der Agenda 2030 muss Klimaschutz in den nationalen Politiken und auf EU-Ebene zudem stärker als Querschnittsthema verankert und gemeinsam mit wirt-schaftlichen und sozialen Fragen gedacht werden. So muss sich auch die Handelspolitik der Europäischen Union und Deutschlands den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens unterordnen. Handelsabkommen dürfen dringend notwendige Klimaschutzmaßnahmen nicht konterkarieren. Der Paritätische fordert eine Abkehr von aggressiven Exportstrategien bei Agrarprodukten und der Förderung industrieller Landwirtschaft auf Kosten von kleinbäuerlicher Landnutzung. Vielmehr muss der Ausbau regionaler Wertschöpfungsketten in den Vordergrund rücken, um die vom Klimawandel besonders betroffenen Kleinbäuer*innen zu stärken.

Klimaschutz konsequent vorantreiben, sozialer Spaltung entgegentreten

Die bisherigen Bemühungen Deutschlands beim Klimaschutz sind bei weitem nicht ausreichend – weder auf internationaler noch auf nationaler Ebene. Es braucht eine ambitionierte und verbindliche Klimaschutzpolitik, die geeignet ist, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das kann nur durch weitreichende Maßnahmen in unterschiedlichen Politikfeldern gelingen.

Die Notwendigkeit einer ökologischen Wende trifft in Deutschland auf eine Gesellschaft mit großen und wachsenden Ungleichheiten und damit auch auf Menschen, die in sehr unterschiedlichem Maße in der Lage sind, mit Klimaschutz verbundene Kosten zu stemmen. Vergangene klimapolitische Maßnahmen haben gezeigt, wie groß die Gefahr ist, dass Klimapolitik soziale Ungerechtigkeit weiter verschärft und damit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet. So hat das Instrument der energetischen Gebäudesanierung ohne wirkungsvollen Mieterschutz zu einer Förderung der Verdrängung von Mieter*innen geführt. Das Beispiel Wohnen verdeutlicht, wie klimapolitische Maßnahmen soziale Spaltung zu befördern drohen, wenn sie existentielle Güter ohne adäquaten Ausgleich verteuern und damit Menschen von ihnen ausschließen. Damit Klimaschutz von allen mitgetragen werden kann, muss die ökologische Wende soziale Fragen von Anfang an mitdenken. Nur bei Abwesenheit sozialer Existenzängste und einem starken sozialen Zusammenhalt kann es gelingen, eine breite gesellschaftliche Zustimmung zu einer ambitionierten Klimapolitik zu gewinnen. Klimapolitik braucht einen funktionierenden Sozialstaat und sie muss sozial gerecht sein. Es bräuchte daher nicht nur eine ökologische, sondern eine sozial-ökologische Wende.

Chancen einer sozial-ökologischen Wende nutzen

Eine gelingende sozial-ökologische Wende erfordert einen grundlegenden politi-schen Kurswechsel. Dieser Kurswechsel eröffnet zugleich die Chance für entscheidende soziale Verbesserungen. Ziel einer sozial-ökologischen Wende muss es sein, allen Menschen ein klimafreundliches Leben zu ermöglichen und soziale Ungleichheit abzubauen. Insbesondere erfordert dieser Wandel Maßnahmen in den Bereichen Wohnen, Verkehr, Infrastruktur sowie der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Gebäude haben einen wesentlichen Anteil am Gesamtenergiebedarf und an den Treibhausgasemissionen in Deutschland und bieten große Potentiale für mehr Energieeffizienz. Geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden gehören daher zu einer wichtigen Säule des Klimaschutzes. Dabei muss sichergestellt werden, dass klimapolitische Maßnahmen nicht als Instrument der Profitmaximierung zu Lasten von Mieter*innen genutzt werden können. Darüber hinaus muss es das Ziel einer am Leitbild der sozial-ökologischen Wende orientier-ten Wohnungspolitik sein, alle Menschen mit klimafreundlichem und menschenwürdigem Wohnraum zu versorgen.

Auch der durch motorisierten Individualverkehr geprägte Verkehr von heute bietet enormes CO2-Einsparungspotenzial. PKW-, LKW-, Flugverkehr und Schifffahrt gehen mit einem hohen Energieverbrauch einher. Der Paritätische fordert eine grundlegende Wende in der Verkehrspolitik, die zugleich die Möglichkeit gesellschaftlicher Partizipation verbessert. Sowohl aus klimapolitischer als auch aus sozialer Perspektive muss das Ziel ein möglichst kostenloser, inklusiver und ökologischer öffentlicher Nahverkehr sein. Dieser muss Hand in Hand gehen mit einer Verlagerung des Regional- und Fernverkehrs von der Straße auf die Schiene. Der Schienenverkehr muss das gesamte Land in der Fläche erschließen, die Nutzung der Bahn zu bezahlbaren Preisen ermöglicht werden. So kann die Abhängigkeit vom Individualverkehr verringert werden und damit sowohl die Umwelt- und Klimabelastungen drastisch reduzieren, als auch mehr Menschen der Zugang zu Mobilität eröffnet werden. Um die Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Konzepte voranzutreiben, muss außerdem massiv in die Klimaschutzforschung investiert werden.

Gleichzeitig können lange klimaschädliche Verkehrs- und Transportwege durch die Förderung von Dezentralität und Nähe vermieden werden. Dies schließt insbesondere den Ausbau der regionalen Daseinsvorsorge ein: Angebote wie Kindergärten, Schulen, Seniorentreffs oder Beratungsstellen müssen soziale Anlaufpunkte für alle Bürger*innen bieten. Mietverhältnisse von sozialen Trägern, kleinen Geschäften und anderen für die Wohnqualität und Versorgung relevanten Angeboten müssen geschützt werden. Die so ermöglichten kurzen Wege reduzieren klimaschädliche Emissionen und verbessern zugleich die Lebensqualität vor Ort.

Für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit sorgen

Eine effektive Klimaschutzpolitik wird notgedrungen mit spürbaren Einschränkungen und Belastungen verbunden sein und erfordert zugleich eine breite gesellschaftliche Zustimmung. Diese wird nicht zu gewinnen sein, wenn ein großer Teil der Bevölkerung ohnehin soziale Abstiegsängste hat, den eigenen Status als prekär erlebt und sich um die Zukunft sorgt. Voraussetzung für eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik ist daher ein zuverlässiger Sozialstaat, der den Menschen soziale Sicherheit garantiert, sodass sich jede*r ein klimafreundliches Leben leisten kann. Je mehr Gleichheit eine Gesellschaft in der Verteilung von Ressourcen und Möglichkeiten aufweist, umso leichter wird ihr eine anspruchsvolle Klimapolitik fallen. Daher ist die ökologische Transformation nur als eine sozial-ökologische denkbar. Eine gute Alterssicherungspolitik ist ebenso angezeigt wie die Schaffung einer sanktionsfreien Grundsicherung, die Bekämpfung von Kinderarmut oder aber eine Mindestlohn- und Beschäftigungspolitik, die im Zweifel auch selbst gute Arbeit schafft.

Die sozial-ökologische Transformation zwingt aufgrund ihrer notwendigen Vehemenz auch dazu, Systemfragen der sozialen Daseinsvorsorge zu stellen: So wird sich diese Gesellschaft kaum noch leisten können, existenzielle Grundbedürfnisse wie Wohnen, Pflege oder Gesundheit vor allem der Verwertungslogik gewinnorientierter Unternehmen unterzuordnen. Politische Maßnahmen müssen sich dagegen wieder stärker an den Bedarfen der Menschen, einem möglichst effizienten Ressourceneinsatz und den Notwendigkeiten eines konsequenten Klimaschutzes orientieren. Die Gemeinnützigkeit erfährt als Struktur- und Wirtschaftsprinzip eine neue gesellschaftspolitische Relevanz.

Die mit der sozial-ökologische Wende auf unsere Gesellschaft zukommenden Investitionsbedarfe sind erheblich. Sie werden die Steuer- und Subventionspolitik sowie die öffentlichen Haushalte vor große Herausforderungen stellen. Für den Erfolg und die Zustimmung aus der Bevölkerung wird es entscheidend darauf ankommen, dass die zu ergreifenden haushalts- und steuerpolitischen Maßnahmen von den Bürger*innen als sozial, solidarisch und gerecht erlebt werden. Die stärkere Heranziehung sehr hoher Einkommen, großer Vermögen und Erbschaften dürfte in diesem Zusammenhang genauso auf der Agenda stehen wie die Bekämpfung systematischen Steuerbetruges und Steuervermeidung insbesondere international tätiger Konzerne.

Paritätische Grundsätze erfolgreicher Klimapolitik (PDF)

 

Die sozialen und ökologischen Krisen unserer Zeit erfordern ein konsequentes und mutiges politisches Handeln. Gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat der Paritätische Gesamtverband eine Zukunftsagenda entwickelt, die den Weg in eine ökologische und sozial gerechte Republik skizziert.

Mit der „Zukunftsagenda für die Vielen“ fordern beide Verbände:

  1. Eine naturverträgliche Energierevolution.
  2. Eine nachhaltige Mobilität für alle.
  3. Eine soziale und ökologische Agrar- und Ernährungswende.
  4. Soziale Sicherheit für die Transformation.
  5. Einen starken Naturschutz.
  6. Weniger Ressourcenverbrauch und eine gerechtere Gesellschaft.
  7. Wohnen und Boden in Gemeinschaftshand.
  8. Eine gute Pflege und Gesundheitsversorgung für alle.
  9. Internationale Solidarität und die Einhaltung von Menschenrechten.

 

Gemeinsam gegen die Klimakrise

Für den Paritätischen in Bayern sind die Themen Umwelt und Klima heute klar mit dem Sozialen verbunden. Das war nicht immer so. Als die Klimaschutzbewegung ab 2019 an Fahrt aufnimmt, entsteht mit der Forderung nach einer sozialökologischen Transformation ein neuer Schwerpunkt für den Verband.

 

Zum Geschichts-Wiki des Paritätischen

Veröffentlichungen

  • Zukunftsagenda für die Vielen

    BUND und Paritätischer Gesamtverband
    24.06.2021
    Broschuere_Zukunftsagenda_BUND-PARITAET_01.pdf

Weitere Themen

In einem reichen Land darf es keine Armut geben. Armut bedeutet zu wenig Geld zur Deckung elementarer Bedürfnisse und Ausschluss von politischer, sozialer und kultureller Teilhabe.

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Hilfe und Beratung in allen Lebenslagen

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