Familie und Beruf, Kinder und Karriere miteinander zu verbinden, bleibt eine Herausforderung, insbesondere für Frauen. Zwar erodieren die tradierten Familienbilder und die Vorstellungen zu den Geschlechterrollen, denn über 70 Prozent junger Frauen und Männer zwischen 21 und 34 Jahren wünschen sich, dass ihr Partner bzw. Partnerin für den eigenen Lebensunterhalt sorgt.10 Zunehmend deutlich sprechen sich Frauen und auch Männer für eine gleiche Aufteilung von Erwerbs-, Haus- und Familienarbeit in der Partnerschaft aus. Konkret würden 39 Prozent der Eltern mit Kindern unter 14 Jahren eine egalitäre Aufteilung der Erwerbsarbeit mit einer partnerschaftlichen Aufteilung der Hausarbeit und Kinderbetreuung am liebsten leben und 59 Prozent der kinderlosen Paare wünschen sich diese Aufteilung.
Faktisch gibt es aber nach wie vor Hürden, eine geregelte und geschlechtergerechte Erwerbsbeteiligung mit ausreichend Zeit für Familienbeziehungen, für gemeinsame Freizeit und für individuelle Interessen beider Eltern zu organisieren. Daran haben auch mehr Betreuungsangebote, Lohnersatzleistungen oder das Betreuungsgeld nichts Grundsätzliches geändert. Die meisten Eltern können aus finanziellen Gründen oder aufgrund von Widerständen des Arbeitgebers ihre Vorstellungen nicht realisieren. Hinderlich wirkt auch die – trotz des geführten politischen und wissenschaftlichen Diskurses – mangelnde gesellschaftliche Anerkennung der Erziehungs-, Sorge- und Pflegearbeit in der Familie. Väter arbeiten nach der Familiengründung fast ausschließlich Vollzeit und Mütter reduzieren ihre Arbeitszeit erheblich und übernehmen den Großteil der Kinderbetreuung und Hausarbeit.
Politik und Unternehmen sind gefordert, in der Entwicklung von Leitlinien und Konzepten zur besseren Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit fortzufahren und diese konsequent umzusetzen:
- In allen Beschäftigungsbereichen sind flexible Arbeitszeitmodelle zu schaffen, die auf eine stärkere Berücksichtigung individueller familiärer Betreuungs- und Pflegebedarfe ausgerichtet sind und insbesondere Vätern eine stärkere Beteiligung ermöglichen.
- Es sind Modelle umzusetzen, die beiden Elternteilen eine Reduktion ihrer Erwerbsarbeit in Form einer langen Teilzeit bei einer existenzsichernden Lohnausgleichszahlung ermöglichen und damit die Teilhabe von Vätern am Familienleben und von Müttern am Erwerbsleben verbessern.
- Teilzeit und Jobsharing sowie Telezeitarbeit sind auf allen Ebenen der Hierarchien in Institutionen, Organisationen und Unternehmen einzuführen und eine Inanspruchnahme durch Frauen wie auch Männer zur selbstverständlichen Unternehmenskultur zu machen.
- Gleichzeitig ist ein gesetzlicher Anspruch auf eine zeitliche Befristung der Teilzeit und eine Rückkehr in Vollzeitbeschäftigung nach Phasen erhöhter Familien- und Sorgearbeit zu realisieren.
- der betriebliche Wiedereinstieg in den Beruf nach Erziehungs- oder Pflegezeit muss erleichtert werden.
- Die Anforderungen des heutigen Arbeitslebens, insbesondere die zunehmende räumliche und zeitliche Entgrenzung der Arbeit durch erwartete Überstunden und Allzeitverfügbarkeit muss in ihren belastenden Auswirkungen für das Familienleben (Partnerschaftliche Aufteilung von Hausarbeit und Zeit für Kinder) von Arbeitgebern ernstgenommen und in der Arbeitsplatzgestaltung und Unternehmenskultur berücksichtigt werden.
- Infrastrukturelle Angebote sind weiter auszubauen und passgenauer auf Betreuungs- und Pflegebedarfe abzustimmen.
- Steuerrechtliche Anreize wie das Ehegattensplitting und in Bayern das Landesbetreuungsgeld sind abzuschaffen, da sie die traditionelle Rollenverteilung und das Modell der Ein-Ernährer-Familie verfestigen. Dies geht in der Regel zu Lasten der Erwerbstätigkeit von Frauen und verhindert eine materielle Eigenständigkeit und langfristige finanzielle Absicherung. Bei Trennung und Scheidung führt es darüber hinaus nicht selten zu einem Armutsrisiko für die Frau.
Zur Gleichstellung von Männern und Frauen im Berufs- und im Familienleben ist neben familien- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ein gesellschaftlicher „Klimawandel“ von Nöten. Die Politik ist dabei nicht allein in der Verantwortung – die gesamte Gesellschaft ist gefordert. Zum Beispiel braucht es Arbeitgeber, die familienfreundliche Maßnahmen nicht nur als Wettbewerbsvorteil beim Fachkräftemangel sehen, sondern eine familienfreundliche Kultur wirklich leben.
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Starke Familien - Fundament und Zukunft unserer Gesellschaft
Familienpolitische Position des Paritätischen in Bayern